Verhältnismäßigkeit

10.01.2008

Deutschland hat eine Bevölkerungsdichte von 230 Einwohnern pro km². Bei einer Gesamtfläche von 357.093 km² sind das dann etwas über 82 Mio. Einwohner. Für die betreiben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Radio und Fernsehprogramm. Pro Kopf haben die öffentlich-rechtlichen Sender dafür rund 88 € im Jahr aus den Rundfunkgebühren. Dazu kommen dann noch Werbeeinnahmen.

Die will der französische Staatspräsident den französischen öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern wegnehmen und durch eine zusätzliche Steuer ausgleichen. Natürlich löst das einen ziemlichen Wirbel aus, denn in Frankreich bestreiten die Fernsehsender ihr Budget zu rund 40% aus Werbeeinnahmen. Jetzt könnte man meinen: Boah, 40% Werbeeinnahmen weg, rund 20% weniger Einwohner gegenüber Deutschland – da muss der Franzose zukünftig richtig tief in die Tasche greifen für sein öffentlich rechtliches Fernsehen. Allerdings hat das öffentlich-rechtliche System in Frankreich pro Kopf gerade mal rund 12,50 € im Jahr, damit allabendlich etwas aus der Kiste flimmert. Inklusive Werbeeinnahmen.

Dazu aktuell: ARD gegen Werbeverbot

Auf dem Hintergrund des Bildungsauftrags der öffentlich-rechtlichen Anstalten in Deutschland stellt sich eine ziemlich einfache Frage: Wie schaffen die Franzosen öffentlich-rechtliches Fernsehen für eine rund doppelt so großen Fläche mit gerade mal 14% des Pro-Kopf-Betrags?

Liegt es vielleicht daran, dass die Franzosen offenbar nicht für jede ihrer 26 Regionen (dazu noch exterritoriale Gebiete) – was in etwa unseren Bundesländern entspricht – eigene öffentlich-rechtliche Sender unterhalten, sondern der Tenor „gleiche Information und Qualität für alle“ gilt?

Oder weil die viel schlechteres Programm machen und die Franzosen alle doof und genügsam sind?

Wer schon einmal in Frankreich war und dort – gewollt oder nicht – französische Sender gesehen hat, sowie die Bevölkerung erlebt hat, wird das in allen drei Punkten verneinen. Und hinzufügen, dass die Franzosen in solchen Sachen sehr intolerant sind – die lassen sich nicht abspeisen. Da wird dann gleich gestreikt.

Was sich daraus ableiten lässt: Offenbar kann man also mit überschaubaren finanziellen Mitteln ein akzeptables Programm machen. Vielleicht wäre da Ursachenforschung in Deutschland mal hilfreich: Wozu braucht jedes Bundesland z.T. mehrere Fernsehsender (von Radiosendern ganz zu schweigen…), die dann zeitgleich mit verschiedenen Moderatoren über das gleiche Ereignis berichten? Mit eigenen Aufnahme-Teams vor Ort, natürlich. Gibt es da womöglich ein Optimierungs- und Einsparpotential?

Oder wenn sich ARD und ZDF bei Sportveranstaltungen abwechseln: Warum muss das sein? Schaffen Moderatoren es nicht, mal vier, fünf Tage hintereinander von einer Veranstaltung zu berichten? Und warum müssen die in verschiedenen Studios, mit verschiedenen „Spezialisten“ agieren? Und: Kommt im Ergebnis bei diesem erheblichen Mehraufwand und Kosten etwas signifikant Unterschiedliches bei den beiden heraus?

Daher unsere Aufforderung an die Gremien, die in diesen Tagen wieder anfangen zu tagen: Redet mal nicht drüber, wie viel mehr die Anstalten kriegen sollen. Sondern warum so viel und für was es gebraucht wird. Und stellt euch vor, ihr bekommt erst dann was zu essen, wenn die Erklärung allgemein verständlich und nachvollziehbar in einer Presseerklärung steht.

Quellen: Wikipedia und Heise-Ticker

 

 

 

 

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