Wie man die Bürger ausquetscht
18.05.2010
Die Spatzen pfeifen es schon länger von den Dächern. Der aktuelle Rundfunkgebührenstaatsvertag ist nicht mehr zu halten. Zu viele Bürger klagen dagegen – zum großen Ärgernis der Rundfunkanstalten –ziemlich erfolgreich. Die Nummer mit dem „ich mach aus einem PC einen Fernseher“ zieht bei vielen Richtern nicht.
Wer jetzt denkt, dass die Rundfunkanstalten deshalb auf die Idee kommen könnten, ein Verfahren anzustreben, das zeitgemäß und angemessen ist, muss lernen, dass „zeitgemäß“ sowie „angemessen“ stark von der Sichtweise abhängig sind. Bei den Anstalten ist die wie eh und je. Die nehmen sich als Offenbarung des Paradieses wahr, dafür kann man den Schäflein – also uns Bürgern – schon mal den ein oder anderen Taler für die Errichtung der Rundfunk-Kirchen abpressen. Ist ja für die einzig richtige Wahrheit.
Damit diese Wahrheit geschützt wird, schickt man einen Kreuzritter los, bezeichnenderweise heißt der Kirchhoff, was wohl von «Kirchenhof» kommt. Das ist der Platz, auf dem die Leute früher beim Ablasshandel ihr Seelenheil per Münze erwerben konnten. Wie unser letzter Briefwechsel mit den NDR zeigt, hat man bei den öffentlich-rechtlichen einen sehr feinsinnigen Humor, der sich gelegentlich nur über Umwege erschließt. Denn immerhin trägt der öffentlich-rechtliche Ritter zu allem Überfluss noch den Vornamen Gregor, den immerhin 16 mittelalterliche Päpste gezielt als Patronatsnamen auswählten – das ist fast schon ein Omen für das, was der Ritter als Ergebnis liefert.
Ritter Gregor meint nämlich, man müsse das Zehntenrecht der Rundfunkanstalten vereinfachen. Unsereins denkt da zuerst an Gebührengerechtigkeit, Berücksichtigung der veränderten Medienwelt, Kostenbewußtsein, Vermeidung von Überförderung einzelner Medienzweige, etc. – allerdings hatte Gregor offenbar einen anderen Auftrag. Er bietet mit seinem vermeintlich gerechteren Konzept die Steilvorlage zu einer beliebig erweiterbare Geldpresse für die Rundfunkanstalten. Dafür muss man sich beispielhaft nur eine einzige «Definition» aus dem aus Kirchhoffs Gutachten abgeleiteten Staatsvertragsentwurf herausgreifen, den Wohnungsbegriff (§3):
Wohnung im Sinne dieses Staatsvertrages ist unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede baulich abgeschlossene Raumeinheit innerhalb eines Gebäudes, die
- zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und
- durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, also nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann.
Zitat aus dem durchgesickerten Entwurf
Klingt erst mal klasse. Weg von der Gerätegebühr, hin zur Wohneinheit. Allerdings: Aus Punkt zwei lässt sich problemlos ableiten, dass jedes Zimmer einer Wohnung für sich ebenfalls eine Wohnung ist. Denn ein Zimmer wird im Regelfall durch einen „Vorraum“ (Flur) betreten und ist „zum Wohnen oder Schlafen geeignet“. Selbst das Bad mit Wanne – nirgends steht, dass es bequem sein muss. Das gilt ebenfalls für Garagen, Kellerräume, Büros, Wochenendhäuser, Gartenhäuser, Wohnwagen, Zelte, … – die Reihe lässt sich beliebig weiter spinnen, bis hin zur Brücke, unter denen man – wenn´s für mehr nicht mehr reicht – durchaus ebenfalls sein Haupt zur Ruhe betten kann1.
Die „Neuordnung“ bringt also keinesfalls eine Vereinfachung oder Präzisierung, sie öffnet vielmehr Tür und Tor für willkürliche Gebührenbescheide, denen sich „Otto Normalbürger“ ob der bekannt unverfrorenen Drohkulissen der Anstalten in großer Zahl beugen wird, wenn er zukünftig nicht nur einmal sondern gleich mehrfach zur Kasse gebeten wird.
1Dass dies durchaus erst gemeint ist, lässt sich aus dem Gutachten von Herrn Kirchhoff herauslesen; suchen Sie mal nach « Beitragsbefreiung für sozial Schwache». Spätestens hier dröhnt es erkennbar, welches Lied Herr Kirchhoff singt, wenn er predigt
«Der moderne Mensch ist auf das Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angewiesen, will er an der öffentlichen Debatte einer modernen Demokratie, an der Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft, an allgemeiner Kultur und Unterhaltung, an allgemein zugänglichen Quellen der Information teilhaben.»
So ist das halt mit glühenden Aktivisten von Kirchen; - die haben immer einen Alleinstellungsanspruch und tendieren daraus zum Größenwahn.