Streitverschiebung

28.06.2010

Die Länderchefs haben entschieden, uns ab 2013 mit einemneuen Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) zu beglücken. Bei genauererBetrachtung verändert sich damit zwar in einigen Punkten die Rechtslage, ein „mutigerund notwendiger Schritt“, wie ZDF-Intendant Schächter das neue Rechtsmonsternennt, sieht aber – zumindest für den Verbraucher – anders aus.

Grundsätzlich dürfen jetzt wohl diverse Kläger vorVerwaltungsgerichten aufatmen, die von den Anstalten wegen beruflicher Nutzungeines PCs in den Wohnräumen – trotz korrekt angemeldeter Rundfunkgeräte –zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Und das natürlich nicht wollen. Der neueRGebStV bestätigt mit seiner «Haushaltsabgabe» das Heer der Kläger. Wereinmal für zu Hause zahlt, erfüllt sein Soll. Die Gier der Anstalten wird hierdeutlich in die Schranken gewiesen. Warum von deren Seite kurz vor Torschlusstrotzdem Revisionsklagen angestrengt werden, ist nur mit kleinkindlichem Trotzund der Schamlosigkeit im Umgang mit treuhänderisch von den Gebührenzahlern erbrachtenGeldern erklärbar. Sinnlose Revisionsversuche verlorener Positionen vorOberverwaltungsgerichten offenbart die Denkmuster der Rundfunkanstalten: Esgeht nicht um „Recht bekommen“ sondern um „immer Recht haben wollen“.

Den Anstalten geht es erkennbar nur darum, immer zu gewinnen– ohne Rücksicht auf den Preis. Da kloppen sich ARD und ZDF schon mal um dieselbenÜbertragungsrechte und treiben so die Preise in die Höhe. Ist zwar aus demselben Geldtopf, aber es geht ums kleingeistigePrinzip: „Aber ich bin Erster!“ und „Hauptsache nicht bei den Privaten“. Egal wie viel Blut (sprich: Gebührengeld) ausder Nase läuft. Wie immer wird die – langsam heisere – Tröte geblasen, es gingemit der neuen Regelung darum « das zur Erfüllung des Programmauftrageserforderliche Gebührenaufkommen von ARD und ZDF zu erhalten». Dass der neueStaatsvertrag unter den aktuellen Vorzeichen einer drastischenGebührenerhöhung, den Rundfunkanstalten also immense Mehreinnahmen verspricht, wird dabei – womöglichaus Ermangelung entsprechender mathematischer Kompetenz – verschwiegen.

Alle „Kleinzahler“, die bisher für „neuartige“ Geräte undRadios nur 5,76 € im Monat zahlen mussten, werden zukünftig ohneLeistungsänderung mehr als das Dreifache berappen müssen, nämlich die volleGebühr von 17,98 €. Das gilt gleichermaßen für diverse Gewerbetreibende, die zukünftigebenfalls für das Autoradio die volle Gebühr entrichten müssen. Allerdings trifftes dort noch härter: Konnte man diese Kosten bisher durch Ausbau des Radiosabwenden, muss man jetzt auf jeden Fall zahlen – völlig egal, ob man Rundfunknutzt oder nicht. Das ist – aus Sicht der Anstalten – der Vorzug einer Abgabe: dasist quasi eine „Abschöpfgarantie“. Wobei die sogar noch einen Multiplikatorenthält. War z.B. in einer Gärtnerei bisher für das eine vorhandene Fahrzeugdie geminderte Gebühr fällig, kostet es jetzt womöglich nicht nur mehr als dasDreifache, sondern zusätzlich eine weitere Staffelung, weil mehr als vierMitarbeiter beschäftigt werden. So gesehen ein „mutiger und notwendiger Schritt“,um die Bürger noch konsequenter auszunehmen.

Daher ist auch eher unwahrscheinlich, dass die GEZabgeschafft wird. Denn der Begriff „Haushalt“ ist durchaus dehnbar. In beideRichtungen. Was sich auf Haus und Hof ausweiten lässt, lässt sich ggf. auf eineinzelnes Zimmer in einer Studentenwohnung oder ein Gartenhäuschen reduzieren.Der neue RGebStV stellt daher keine Verbesserung dar; er führt lediglich zueiner Verschiebung des Streits, wofür und warum wir Bürger eigentlich bezahlen. Denndie Diskussion „wofür“ wurde erwartungsgemäß dem „mindestens genausoviel, fürwas auch immer“ geopfert.

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