Unfall-Geschnatter

06.12.2010

Da muss man dringend mal drüber reden. Egal worüber, Hauptsache, man redet drüber. „Wetten, dass…“ und warum alle Kommentare der Politiker scheinheilig und dumm sind.

Da hat es jetzt, nach 29 Jahren, doch tatsäch­lich maleinen ernsten Unfall bei einer Wette gegeben. Statistisch gesehen war dasvermut­lich schon vor Jahren fällig. Aber weil sich keiner hin­ge­packthat, regte man sich halt über die Klamot­ten von Gott­schalk auf. Als dienichts mehr hergaben, über sein Frauen­betat­schen. Als das nichts mehrhergab war es Frau Hunziker, die ent­weder zu viel zeigte oder was auchimmer. Oder man regte sich drüber auf, dass jemand was erlecken konnte [, nämlich Farbstifte], was eigentlichgar nicht erleckbar ist. Die Reihe der Belang­los­ig­keits­auf­regerist lang.

Selbst wenn man kein Fan von „Wetten, dass…?“ ist, muss manzugeben, dass dieser Showdino mit seiner simplen Spiel­idee durchaus zeit­gemäßist, weil die Wetten mit der Zeit gehen. Bei so mancher Wette in der Ver­gangen­heitwar es mit Sicher­heit die Umsicht des Teams, dass sich niemand vor laufendenKameras in seine Einzel­teile zerlegt oder den Hals gebrochen hat.

Wenn jetzt Politiker unken, das sei ja wohl alles viel zugefährlich und überhaupt und sowieso — die Wahr­schein­lich­keit, beim Über­quereneines Zebra­strei­fens von einem Besof­fen­en über­fahr­en zuwerden, ist vermutlich höher, als sich bei den bestens ab­gesich­er­tenWetten der Show ernst­haft zu verletzen. Jetzt ist es passiert – bedauer­licher­weise.Dem Jungen kann man nur die Daumen drücken, dass die Sache letztendlich zwarschlimm, aber hoffentlich nicht der Rest seines Lebens versaut ist. Die Idee war coolund bestimmt war es machbar. Für Leute, die ansonsten nur Taschen­billiardspielen, ist vermutlich schon der Gedanke von Sprung­federn unter den FüßenAuslöser für Herz­rasen. Damit noch über Autos springen: Wo kommen wir dennda hin! Wenn es nach denen ginge, würden vor jeder Show Herz­tropfenverteilt, T. Gott­schalk würde mit seinen Gästen Karten­raten machen undFrau Hutziger gehört zugeschnürt bis zum Hals hinter das Sofa. Bloß kein Auf­reger.

Und damit hat man dann gleich die Steil­vorlage für dasmiese öffent­lich-recht­liche Fernsehen, das gegen „die Privaten“ nichtbestehen kann, weil es so schnarch­toten­langweilig ist. Wenn HerrGottschalk im Spiegel mit „dannsind wir bei Kindergeburtstag und blasen Kerzen aus“ zitiert wird – Danke­schön!Gleich die nächste Kante für die Tratsch­tanten in der Politik: Offenes Feuerund Kinder? Hallo? Wie ver­ant­wort­ungs­los ist das denn!

Wer kennt Dörmann, Rößner, Neuberger, alle im Spiegelzitiert? Hätte sich niemand verletzt, hätten die womöglich notgedrungen darüberspekuliert, ob eine Frau mit Rückentatoo tatsächlich eine geeignete Assistentinfür Gottschalk sein kann. Haupt­sache darüber geredet und den eigenen Namen in dieZeitung gebracht. Die nächste Wahl kommt bestimmt und dann kann man den Zeitungs­ausschnitt auf´s Wahl­plakat kleben: «Ich war mal im Spiegel! Ich bin ein Wicht… äh, ja, …tiger, … äh, ja, … , na, Sie wissen schon.»

Was allerdings auffällt: Hier wird ein „Produkt“ der öffent­lich-recht­lichen an­ge­grif­fen, das genau dort hin­gehört und quali­tativ hoch­ste­hend ist. Beim Thema Qualität, Schul­fern­sehen, objek­tive Bericht­er­stat­tung, u.v.a.m.. — also dem Kern­auftrag des öffent­lich-recht­lichen Pro­gramms — ist von den Herr­schaften weit und breit keine Spur. Da müsste man dann ja Substantielles beitragen können …

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