Sammelklage

31.01.2008

In regelmäßigen Abständen erreichen uns Anfragen, ob es möglich sei, sich einer „Sammel­klage“ gegen die Rundfunk­gebühren anzuschließen. Wenngleich der Begriff „Sammel­klage“ in der letzten Zeit immer häufiger auch in den Medien auftaucht: Das gibt es im deutschen Recht nicht. Gerade bei den Wider­sprüchen/Klagen gegen die Rundfunk­gebühr tritt als wesentliches Element die „Betroffen­heit“ des Klägers in den Vordergrund.

Daher müssen Sie für Ihren persönlichen, individu­ellen Fall die Annahme wider­legen, dass Sie Rundfunk empfangen könnten. Nicht können: Konjunktiv! Allein die Möglich­keit, dass es ginge, begründet im Rundfunk­staatsvertrag die Zahlungs­pflicht. Öffentlich rechtlicher Rundfunk ist demnach ein Angebot mit «Abholschuld»: Es ist Ihr Problem, wie sehr Sie sich anstrengen und wie viel Sie investieren müssen, um das gebühren­pflichtige Angebot nutzen zu können.

Wobei es da eigenwillige Differen­zierungen gibt. Denn wenn ein Richter urteilt, man müsse für DVB-T (terrestrischer, digitaler Rundfunk) auch ohne DVB-T-Box zahlen, die könne man sich ja kaufen, bleibt die Frage, warum nicht jeder zahlen muss, denn Fernseher gibt es ja ebenfalls gegen Geld. Und wenn man sie kaufen kann, ist das eine «Abholschuld», sprich: Wer keinen kauft strengt sich einfach nicht genug an und müsste doch allein schon deshalb Rundfunk­gebühren zahlen.

Aber vor Gericht bekommt man nicht „Recht“ sondern ein Urteil. Wie unter­schiedlich das bei augenschein­lich gleicher Ausgangs­lage ausfallen kann, zeigen die „Aldi-Urteile“. Da reicht das Einpacken eines Fernsehers, um ihn „empfangs­untauglich“ zu machen und die Gebühren­pflicht abzuwenden. Der Aspekt, dass man die Geräte ja auspacken könnte, fällt in diesem Urteil schlicht unter den Tisch.

Aus diesen vielfältigen Möglich­keiten erwächst ein nützlicher Nebeneffekt für die öffentlich-rechtlichen Anstalten. Denn ehrliche Bürger sorgen sich – mangels Routine – verständlich­erweise um die möglichen wirtschaft­lichen und persön­lichen Nachteile, die sich aus einem Wider­stand gegen die mittels Rundfunk­gebühren juristisch und wirtschaftlich bestens ausgestat­teten Anstalten ergeben könnten. Und weil es keine eindeutigen Aussichten gibt, will man sich mittels „Sammel­klage“ in den Schutz einer Gruppe begeben oder lässt es einfach.

«Da kann man ja eh nichts machen.» Wirklich?

Es gibt in Deutschland die Möglichkeit einer „Sammel­klage hinten herum“. Nämlich wenn sehr viele Bürger­(innen) in einem gewissen Zeitraum thematisch gleich­artige Klagen einreichen. Dann führt die Justiz gelegentlich eine „Entscheidung von oben“ herbei, statt vieler einzelner Urteile, die mutmaßlich in die nächsten Instanzen gehen und den Rechtsbetrieb „verstopfen“. Dann führt „Masse“ eine „Grundsatz­entscheidung“ herbei, es wird für viele Einzelne in einem Zug entschieden. Das spart den Einzelnen dann das Geld für die höheren und teureren Instanzen. Im Gegenzug sinkt jedoch die Berücksichtigung der individuellen Aspekte. Wenn das „Sammel“-Urteil dann nicht wie gewünscht ausfällt, reduzieren sich darüber hinaus die verbleibenden Möglichkeiten.

Davon unabhängig gibt es aber eine Gewissheit: Tut man nichts, zahlt man sein Leben lang. Wehrt man sich, kostet die erste Instanz rund 75 EUR, in einigen Bundesländern sind Verwaltungs­klagen dieser Art in der ersten Instanz Gerüchten zufolge sogar kostenfrei (Sie wissen es genau? Bitte mitteilen!). Bei den in immer kürzeren Abständen eintretenden „Gebühren­anpassungen“ könnten die Prozess­kosten die bestverzinste Geldanlage Ihres Lebens sein.

Um auf die anfängliche Frage zurück zu kehren: Sie können sich einer „Sammel­klage“ anschließen, indem Sie selbst vor das Verwaltungs­gericht ziehen und uns das mitteilen. Wir veröffentlichen das und koordinieren die Informationen. Das bekommen Sie ohne Kosten und wir werden mit jeder zusätzlichen Information über weitere Widersprüche und Klagen besser, genau wie Ihre Chancen. Denn je mehr wir werden, desto schwieriger wird es für die öffentlich-rechtlichen Anstalten mit dem Ignorieren. Wenn Sie das für ein Märchen halten, bedenken Sie bitte eins: Bei den Grimms fällt am Ende immer der „Raff“gierige auf die Schnauze. Das sind doch schöne Aussichten, oder?

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