Rundfunk-Demokratie

04.02.2009

Die FDP hat Angst um die Wähler. Die müssen sich offenbar so sehr von der Steuerlast und den behördlichen Auflagen erholen, dass die Kraft für den Besuch der Wahllokale fehlt. Politik-Verdrossenheit kommt für die FDP dafür scheinbar nicht in Frage. Jetzt könnte man meinen, die FDP — Hort der Kreativen — würde vielleicht vorschlagen, dass jeder Wähler in der Wahlkabine einem Abgeordneten seiner Wahl mit Verdauungs­end­produkten bewerfen darf. Also einfach mal den Spieß rumdrehen. Der Wählerandrang wäre mit großer Sicherheit immens. So eine Gelegenheit würden sich politik-müde Bundesbürger gern für ein Kreuzchen erkaufen. Der Unterhaltungswert einer Wahl wäre enorm, aus den Wahlkabinen der Spitzenkandidaten könnte man Live-Schaltungen für Großvideo-Flächen machen. Public Viewing käme seinem eigentlichen Wortsinn wieder näher. Wahl wär was!

Zu Zeiten der Fünf-Prozent-Angst hätte die FDP das womöglich gemacht - hätte es doch primär „die Anderen“ getroffen. Jetzt, da sie unerbittlich der 50%-Marke entgegen strebt und Guido sich womöglich schon bei Elisabeth II erkundigt hat, ob er für „seinen Tag“ eine Krone leihen könnte, ist das einfach zu riskant. Allerdings ist eines gewiss: Bei dem Marginal-Rest der Dochnochzurwahlgeher ist die FDP-Quote womöglich abgeschöpft. Tschüss, Kron - äh,... 50%.

Damit für die nächste Wahl die Wähler nicht gekidnappt werden müssen, ist die FDP - wie Superman das auch gern zum Nachdenken tut - in den Norden gezogen. Dort, im Estland, rieb man sich dann verwundert die Augen: Gerade mal zur EU gestoßen, zeigen die Esten, wo es lang geht: Alles geht im Internet.

Auch Wählen.

Die Quote ist noch nicht ganz dass, was der FDP womöglich vorschwebt. Aber das Potential ist natürlich riesig. Ganz nebenbei lassen sich dann noch wichtige Nebenkriegsschauplätze bedienen: Für die Identifizierung ist natürlich eine qualfizierte Signatur erforderlich. Da freut sich Herr Schäuble, denn dann ist der Chip im neuen Personal­ausweis genau das Richtige. Das nimmt dem Daten-Erfassungs­wahn­sinn gleich etwas an Schärfe. Wäre dann ja für eine gute Sache. Für die Zeit zwischen Wahlen wird noch nach interessanten Anwendungen gesucht. Zwar müssen die naheliegenden (Bewegungs­profile, Einkauf­verhalten, Gruppen­verhalten mit anderen, Massen­scan z.B. an Bahnhöfen, u.v.a.m.) nicht mehr thematisiert werden, die hat das Innen­ministerium im Griff. Aber solang es mit den 50% noch nicht klappt, hat man dann zumindest einen dankbaren Koalitionspartner.

Für die Rundfunkanstalten ist der Vorschlag wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten an einem Tag: Die Listen all derer, die per Internet abgestimmt haben, sind pures Gold. Glaubt man den teuer produzierten Werbeaussagen der GEZ sind das bestimmt alles Rundfunkgebühren-Preller. Für diese Idee darf Guido dann ein Jahr lang jede Woche bei Anne und Maybrit in die Kamera strahlen. Und er darf auch ohne Krone kommen.

Epilog

Falls jetzt jemand denkt, «Das ist aber ein Verstoß gegen den Datenschutz!», können wir ausdrücklich beruhigen: Die Einhaltung der Vorschriften wird von einem Profi in solchen Sachen sicher gestellt: Hartmut Mehdorn.

Um ganz sicher zu gehen: Das ist eine Satire.

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