Releative Wahrheit

28.03.2009

Der NDR hat sich in seinem 3.Stufen-Test die eigene Mediathek genehmigt. Wie sehr uns das bereichern wird, welchen Nutzen es über uns alle bringen möge — der geneigte Leser möge es selbst im vom NDR angebotenen Dokument nachlesen.

Wir sind über eine Bemerkung auf Seite 9 gestolpert:

«Der finanzielle Aufwand für die NDR Mediathek beträgt rund 1,250 Mio € p.a. (Kalkulation bis 2012). In dieser Summe sind die prognostizierten Lizenzkosten enthalten, die den größten Teil der Gesamtkosten ausmachen.»

Vorlage zur 370. Sitzung des NDR Rundfunkrates am 28.November 2008, Punkt 11 der Tagesordnung, Seite 9, «Finazieller Aufwand für das Programm»

Anschließend wird eine interessante Rechnung für die Betriebskosten der Mediathek eröffnet. Wir betrachten ausschließlich die Betriebskosten ohne den genannten Sonderaufwand im ersten Jahr:

Jährliche Kosten für 
Webmaster:160.000 €
Zusätzliches Personal:80.000 €
Erforderliche freie Mitarbeiter:52.000 €

Gesamtkosten292.000,00 €

Demnach bleiben für Lizenzkosten noch 958.000,00 €. Schlägt man zum Thema Lizenzkosten mal bei der GEMA nach, gibt es pauschale Vergütungen, die sich am Umsatz des jeweiligen Anbieters orientieren, wobei darunter ausdrücklich keine Rundfunkgebühren fallen. Ein mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten geschlossener Vertrag mindert diese ausdrücklich (Informationen entnommen aus Tarif Fernsehen der GEMA).

Jetzt drängt sich natürlich eine Frage auf: Wenn die Rundfunkanstalten mit der GEMA - und mutmaßlich auch mit anderen Rechteanbietern - einen Rahmenvertrag geschlossen hat, der sicher das gesamte Bundesgebiet umfasst und sicher auch die Übertragung via Satellit - dann sind doch alle potentiellen Abnehmer davon schon erfasst. Für wen werden dann die zusätzlichen Lizenzgebühren entrichtet?

Dem Geschäftsbericht der GEZ zufolge sind dem NDR rund 20.0000 «neuartige Empfangsgeräte (NEG)» gemeldet. Demnach hat der NDR mit diesem «Produkt» Einnahmen i.H.v. 1,382 Mio. €. Von diesen Einnahmen verbleiben nach Abzug der Kosten für die Mediathek gerade einmal 132.400 € für den Betrieb der restlichen Seiten des NDR. Wenn bereits die Webmaster für die Mediathek 160.000 € jährlich kosten, wie wird dann mit diesem jämmerlichen Betrag der eigentliche Webauftritt des NDR realisiert?

Hier wird recht gut deutlich, wie sehr die Web-Präsenzen der öffentlich-rechtlichen Anstalten von diesen als «Mischkalkulation» betrieben werden. Die im 3. Stufen-Test genannten Zahlen belegen eine dramatische Wett­bewerbs­verzer­rung mit anderen Medien, z.B. Online-Zeitungen. Denn der Webauftritt des NDR als solches (und aller anderen Anstalten) wird dem 3. Stufen-Test, also u.a. einer Kostenermittung, nicht mehr unterworfen. Die im 3. Stufen-Test vorgelegten Zahlen verraten den Grund: Damit würde aufgedeckt, wie sehr die öffentlich-rechtlichen Gelder für Redaktionen, Recherche, etc. verwendet werden, damit die Inhalte der öffentlich-rechtlichen Sender im Web gefüllt werden können.

Die Urväter der Rundfunkgebühr hatten bestimmt nicht vor, die im Grundgesetz Artikel 5 Absatz 1 garantierte Presse- und Rundfunkfreiheit durch Quersubvention aus diesen Einnahmen in Gefahr zu bringen. Die Enkel zeigen ungeniert, dass sie das mit aller Macht wollen.

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