X sucht Y

29.06.2011

Das ZDF hat sich mal wieder mit Ideen-Klau versucht. Statt „Bäuerin sucht Mann“ hätten die Vollpfosten, die sich das ausgedacht haben, gleichermaßen „Stute sucht Hengst“ oder „Bock sucht Gärtner“ ausstrahlen können. Denn wenn man den Zeitungsmeldungen glauben darf, wurde das Original – das bei Menschen mit gesundem Geist Unpässlichkeit auslöst – derart unterboten, dass es dort zu montypytesken Erleichertungen ála „Der Sinn des Lebens, Teil VI“ gekommen sein könnte. Vorausgesetzt, man hat sich ins ZDF-Programm verirrt und vor Entsetzen die Zappmaschine fallen lassen, sprich: die einzige Verteidigungswaffe verloren.

Wie tief darf ein ideenloser Gebührensender sinken? Die Rundfunkgebühr wird von den Intendanten der Anstalten immer als Bollwerk gegen den geistigen Verfall verteidigt. Dass bei diesem Gebührenappetit nur solch ein intellektueller Durchfall herauskommt, lässt schlimmste Befürchtungen aufkommen. Da ist man fast froh, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten die Sommerpause — Neusprech für: Wir senden nur angestaubte Wiederholungen — ebenfalls für sich entdeckt haben. Das muss der leidensfähige Gebührenzahler im Grunde schon als Glücksfall bezeichnen: Was vor Jahren den Panikschweiß auf die Stirn trieb, entpuppt sich als Wiederholung im Vergleich zu den aktuellen Produktionen als anspruchsvolles Autorenprogramm.

Man darf gespannt sein, wie weit sich dieses Minimalniveau noch reduzieren lässt. Wie wäre es mit einer vierwöchigen Liveübertragung von einem Pfahlsitz-Wettstreit, moderiert von Kai Pflaume? Der verkuppelt dabei zwei schwule Pfahlsitzer und muss – dazu wird er gegen seinen Willen aber im Hinblick auf die Minimierung des Niveaus verpflichtet – schlüpfrige Witzchen über die harte Stange am Hintern machen. Zum Finale überrascht uns das ZDF mit einem Knaller: Linda de Mol wird für ein horrendes Geld als Überraschungsgast gebucht und fährt mit den Beiden über die holländische Grenze. Dort — ach was haben wir die Traumhochzeit vermisst — wirft sie den Liebenden beim Ja-Wort schmachtende Blicke zu. Am Ende kommt Thomas Gottschalk unter dem Tisch hervorgekrochen und führt mit den Brautleuten ein Interview: Wie sich das jetzt anfühlt, ob ihnen der dicke Pfahl fehlen wird (vertraglich vereinbarter Nieveausenker). Und alle warten gespannt darauf, wann er den Frischvermählten ans Knie fasst. Ach wie werden wir «Wetten, dass…» vermissen.

Bis 20:00 Uhr wird das Ganze regelmäßig von Werbung unterbrochen, danach gibt es mindestens drei mal pro Stunde Sponsoren-Einblendungen, weil nach 20 Uhr ist ja Reklame nicht zulässig. In den Pinkelpausen der Athleten kommen Kurzausgaben von „Volle Kanne“ und „Rette die Million“. Als Dauereinblendung läuft unten der Hinweis durch, dass man Nachrichten und andere, weniger zuschauerrelevante Infos auf den Internet-Seiten des Senders nachschlagen kann. Diese Eigenwerbung ist offenbar immer und überall erlaubt in den aktuellen Sendungen und kostet nix extra. Die Zeitungsverlage könnte das zwar ein wenig verärgern, aber was schert das den öffentlich-rechtliche Rundfunk.

Das ist Entertainment, für das man doch gern jedes Jahr 215,76 EUR bezahlt. Denn soviel bekommt der Gebührenzahler abgeknöpft. Verweigern hilft nicht, Brechreiz gibt es gratis dazu. Sollten Sie sich dann doch geistig unterfordert fühlen und Gelüste auf intellektuelle Herausforderungen wie „Lanz kocht“ oder „Bianca sucht ihr Glück“ haben, steht ihnen das ab Herbst mit «Germanys Gold» zur Verfügung. Das kostet halt extra. Aber man muss befürchten, dass aufgrund der zunehmenden Inhaltsleere des Regelprogramms dieser weitere Beutezug der öffentlich-rechtlichen Anstalten erfolgreich sein könnte.

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