Exodus

22.11.2007

Die Privatsender haben das Auswandern schon vor geraumer Seit als preiswerte Sendezeit-Füller entdeckt. Ist unstrittig durchaus spannend, manchmal erschütternd, mit welcher Blauäugigkeit Bundesbürger in unserer Republik ihre Zelte abbrechen und wo anders aufschlagen (wollen). Dumm halt, wenn man nicht weiß, was „Zelt-Hering“ auf Spanisch heißt oder „Masseur“ an Tailands Traumstränden kein Mangelberuf ist. So mancher käme wohl auf die Idee, dies und anderes im Vorfeld abzuklären und die Auswanderung vielleicht auch erst in einem Jahr, wenn der Sohn das Abi hat, durchzuziehen. Aber das mindert natürlich den Spaßfaktor für die Zuschauer.

Die Sendungen der Rubrik „Raus aus Deutschland!“ werden langsam aber stetig zu einer echten Konkurrenz für die mittlerweile unübersehbare Zahl Kochsendungen. Da wollen die ÖR´s nicht hinten anstehen. Seit 2004 nehmen die Bevölkerungszahlen ab; 200.000 weniger seither. Da können sich die ÖR´s ausrechnen, wann keiner mehr ihr Programm kuckt — aber das dann auch noch mit „Unterstützungsfernsehen“ zelebrieren?

Freilich könnte man unterstellen, dass mit reichlich Auswanderern ein erhöhter Zugriff auf die Webangebote der ÖR´s erreicht werden könnte - als eine Art „Alte Heimatersatz“ in der Ferne. Soll damit entschuldigt werden, dass die Budgets für die Internet-Auftritte gesprengt wurden? Wir haben das schon vor langer Zeit in Frage gestellt, jetzt hat die KEF das „amtlich“ gemacht: Auch das Übertragen von Daten kostet Geld. Das sieht man bei ZDF anders, was natürlich nicht wundert. Denn in der Rechnung der ÖR´s werden Sachen nur angeboten. Nutzen soll das eigentlich keiner, denn allein das vorhandene Angebot rechtfertigt die Gebührenpflicht. Und nur dafür ist man doch im Internet.

Richtig eng wird es, wenn Geld für etwas ausgegeben wird, wofür die ÖR´s gar nicht zuständig sind. Lt. Feststellung der KEK ist Webradio gar kein Rundfunk. „Radio“ ist nicht «audiovisuell» und hat demnach keine «Suggestivkraft». Dann fragt sich unsereins natürlich, warum die Existenz der Radio-Streams die Rundfunkgebühr für PCs rechtfertigt.

Zurück zu unseren Auswanderern: Wenn Ihr eine „Notwohnung“ in Deutschland halten wollt, denkt daran, eure Rundfunkempfänger zu verschenken und euch das vom Beschenkten schriftlich bestätigen zu lassen. Denn es spielt gar keine Rolle, ob ihr da seit oder nicht: Die Anwesenheit eines Rundfunkempfängers begründet die Gebührenpflicht (s. GEZ).

Deutlicher kann man nicht einräumen, dass „öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ gar nicht für Menschen, sondern für Geräte gemacht wird. Ein Staat, der solche (Rundfunkstaats)Verträge hat, das Fernmeldegeheimnis abschafft, eine kabarettistische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus wohl noch immer ein Tabu ist, man vermutlich bis 77 arbeiten muss, die Korruption langsam aber stetig wächst und Politiker ihre Verantwortung auf Gerichte abwälzen, kann einen schon ins Grübeln bringen. Wobei „Auswandern“ nur eine laue Lösung ist. Anderswo haben sie andere Probleme. „Was dagegen tun“ ist die einzige Alternative.

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