Advent
29.11.2007
Wenn man schon zwangsweise bezahlen muss, kann man das Angebot ja mal testen. Darauf beruhen die hier geschilderten Erfahrungen. Von der Beleidigung des Intellekts mal abgesehen, grenzt das getestete Jugend-Angebot mit seiner Naivität und dem hoch-und-runter-nudeln der immer gleichen Musiktitel hart an Körperverletzung. Dass dafür gezahlt werden muss, ist doppelt bitter. Genießen kann man das nicht, auch wenn der Sendername das Gegenteil suggerieren möchte. Der Selbstversuch wird mit einem anderen Sender fortgesetzt.
Gestern brachte ein unbedeutender, öffentlich-rechtlicher Jugendsender die Nachricht, dass in Deutschland Eltern an Weihnachten für rund 300 € Geschenke machen. Pro Kind, wohlgemerkt. Wie das mit rund 25% Kindern zusammenpasst, die unterhalb der Armutsgrenze in eben diesem Deutschland leben, deren Weihnachtshighlight vermutlich ein lang ersehnter Besuch bei einer amerikanischen Hamburger-Kette ist, erklärt den jungen Leuten niemand. Statt dessen kann man Eintrittskarten gewinnen, wenn man errät, wie doof Altersgenossen sind. Ist schon irre lustig, wenn jemand die Frage «Wo findet die Tour de France statt?» mit «Polen!» beantwortet.
Das ist also öffentlich-rechtliches Qualitätsprogramm für junge Hörer. Bei dieser Antwort sollten die Moderatoren womöglich doch detailliert erklären, dass «Tour de France» ein feststehender Begriff für eine Radtour durch Frankreich ist und daher auch nicht mit „französischer Turm“ übersetzt wird. Aber das wäre dann ja Bildungsprogramm. Dafür reicht vermutlich das Geld nicht.
„Advent“ leitet sich auf das lateinische „adventus“ zurück, das „Ankunft“ bedeutet. Das ist treffend. Es gab eine Ankunft, rechtzeitig zum Advent. Die — erwartete — Ablehnung des Widerspruchs gegen den Gebührenbescheid. Der Widerspruch sei unbegründet, weil es nunmal im Gesetz stehe, dass man Geld nehmen dürfe. Daher könne ein Widerspruch auch keinen Erfolg haben.
Das passt perfekt zum Programm für die Jugend: Weil die lt. der in hoher Frequenz eingespielten «Pisa-Polizei» offensichtlich strunz-doof ist, sind jegliche Anstrengungen zur Veränderung dieses Zustands augenscheinlich sinnlos. Daher merkt der feierlich zelebrierte „blöde Jugendliche“ auch nicht, was er da für seine Rundfunkgebühren bekommt. Selbst wenn er dauernd statt Werbeeinblendungen darauf hingewiesen wird. Denn auf Werbung wird im Jugendprogramm verzichtet. Womöglich, weil die mittlerweile durchschnittlich intelligenter als das Programm ist. Dabei hat doch gerade erst der ARD-Intendant Herr Raff Werbung zum Lifestyle erklärt. Lifestyle ist wohl nix für die Jugend.
Wundert sich noch jemand, warum die Jugend eine stetig abnehmende Quote bei der Nutzung dieser öffentlich-rechtlichen Leistungen hat? Bezogen auf das Angebot des getesteten „Jugendsenders“ ein gutes Zeichen. Sooo doof ist die Jugend wohl doch nicht. Und bloß, weil ein öffentlich-rechtlicher Sender meint, es sei zwecklos, sich gegen Unsinn zu wehren: Glauben Sie nicht blindlings alles, was man Ihnen sagt!