Thema machen

02.08.2009

Die nordrhein-westfälische Landesregierung sucht nach Themen für das Sommerloch und hat eines gefunden: Ludwig Jörder, Chefkontrolleur des WDR. Bei genauerer Betrachtung des Vorwurfs stellen sich natürlich ganz andere Fragen.

Kurz zusammengefasst ist die Landesregierung darüber gestolpert, dass Herr Jörder einerseits Verwaltungsratsvorsitzender des WDR ist, gleichzeitig aber auch Geschäftsführer der Westfalenhallen und zusätzlich Geschäftsführer der Betreibergestellschaft des „Best Western“ in Dortmund. Natürlich gibt es regelmäßig Veranstaltungen des WDR in den Westfalenhallen, im „Best Western“ bringt der WDR regelmäßig Gäste unter und – natürlich – bereichert sich Herr Jörder damit. So der versteckte Vorwurf der Landesregierung. Politisch korrekt nennt sich das eine „kritische Doppelfunktion“.

Der WDR muss sich jetzt fragen lassen, wie man das denn übersehen konnte, dass da jemand im oberster Verwaltungsposition gleichzeitig Reibach mit Gebührengeldern macht. Der WDR wiederum stellt sich auf die Hinterläufe und moniert, dass die Landesregierung die Rechtsaufsicht habe und demnach dort der Fehler liege, wenn man das zulasse.

So gesehen ist das Thema womöglich ein Eigentor für die Landesregierung, denn da zeigen sich Versäumnisse der Beaufsichtigung. Das Thema, mit dem man sich vor der Bundestagswahl als Wahrer von Ordnung und Recht noch ein wenig aufputzen wollte, könnte demnach genau das Gegenteil aufzeigen: Schlamperei und Nachlässigkeit bei den zuständigen Behörden, im konkreten Fall: Der Landesregierung. Dabei hatten die Herrschaften alle Zeit der Welt, sich mal um den eigenen Job zu kümmern. Denn Herr Jörder war bereits viele Jahre vor seiner Berufung in den Verwaltungsrat in den genannten Positionen – er hätte, wenn es wirklich eine „kritische Doppelfunktion“ wäre – den Job im Verwaltungsrat demnach niemals kriegen dürfen. Das war bereits im letzten Jahrhundert, sprich: Es ist reichlich Wasser den Rhein hinunter geflossen und niemanden hat´s gestört.

In wieweit ein Herr Jörder als Verwaltungsratsmitglied Einfluss auf die Buchungspraxis von Gästen des WDR nimmt, bzw. überhaupt nehmen kann, ist eine weitere Frage. Die Kernfrage ist jedoch: Wem ist Herr Jörder auf die Füße getreten, dass man sich jetzt mit solchen Fragen beschäftigt, die für beide Seiten kein gutes Zeugnis ausstellen? Wobei es durchaus zweckmäßig ist, Leute in den Verwaltungsrat zu haben, die wissen, „wie es geht“. Offenbar weiß Herr Jörder dass, denn üblicherweise erzeugt Erfolg Neider, die dann schauen, wie man dem Erfolgreichen das Leben erschwert.

Wenn Herr Jörder schlau ist, nimmt er seinen Hut im Verwaltungsrat, kassiert womöglich dafür noch eine fette Abfindung – was ja in Vorstandskreisen durchaus üblich ist – und freut sich dran, dass sich am Rest nichts ändern wird. Denn der WDR wird kaum in die Provinz ausweichen, wenn Veranstaltungsräume benötigt werden. Die Hotelzimmer der Gäste wird man zweckmäßigerweise ebenfalls in der direkten Umgebung suchen.  Als ändert sich eigentlich nichts, außer, dass man jetzt einen neuen Verwaltungsratsvorsitzenden braucht. Was womöglich der ganze Sinn und Zweck war: Platz für einen „passenderen“ schaffen - vielleicht einem, der seinen Job mehr oder weniger ernst nimmt als Herr Jörder (dessen Status Quo diesbezüglich ist unklar), oder politisch besser ins eigene Weltbild passt, oder, oder, oder … .

Die Presse hat was zum Drucken, die daraus resultierenden Kosten fallen Gebühren- und Steuerzahlern zur Last. Das einzig beruhigende daran: Wir werden nie erfahren, was uns diese Posse wirklich gekostet hat. Eins hat die Landesregierung damit in jedem Fall erreicht: Man hat ein „Thema gemacht“, das im Grunde keins ist und vermieden, dass womöglich „echte Themen“ nicht mehr nach oben schwappen. Ob das gut geht,...?

Zurück