Ein Schalk macht noch keinen Gott

04.02.2012

Im öffentlich-rechtlichen sich gegenseitig Leute abwerben hatte die ARD mit Gottschalk auf den großen Reißer für das Vorabend-Programm gehofft.

Nunja. Für Reißer sorgt er ja. Irgendwie. Wobei Verrisse sicher nicht das waren, was die ARD im Sinn hatte. Denn offenbar interessiert es keinen, was der „Godfather of Saturday Night“ des deutschen Fernsehens vor 20 Uhr erzählt. Wobei das bei objektiver Betrachtung kaum verwundern darf, ist das doch die angestammte Sendezeit von Sandmännchen und Co für die klassische Zielgruppe der ARD. Die, die man vermeintlich mit Gottschalk erreichen wollte, haben um diese „frühe Stunde“ anderes vor, als sich einen Blondschopf anzusehen, der auf seine alten Tage das Fernsehen nochmal neu erfinden will. Mit Vorruheständlern das Publikum verjüngen könnte man wahlweise „mutig“ oder „einfach nur bekloppt“ nennen.

Katzenjammer ist angesagt. Bei ARD und ZDF. Bei ersteren, weil die dicke Hose, auf die gemacht wurde, sich als ziemlich leere Buchs entpuppt, bei zweiten, weil man da eben nicht besser, sondern gar nichts sieht, zumindest, was die Zukunft von „Wetten, dass...“ betrifft. Was allerdings ebenfalls vorhersehbar war. Jeder einigermaßen klar denkende Moderator muss eine Anfrage ablehnen. Ob es gefallen hat oder nicht: Gottschalk hat über die Jahre derart geprägt, dass diese Samstag-Show „seine“ ist. Jeder, der sich da ran wagt, muss sich dem Vergleich stellen – der nur verloren werden kann. Denn Gottschalk ist einmalig. Was sich durchaus mehrdeutig als Glück verstehen lässt. Denn was bei ihm als „sein Stil“ die Legende bildet, würde man einem Nachfolger links und rechts auf die Ohren hauen.

Was nun?

Das ZDF sollte sich einfach einen Ruck geben und das naheliegendste machen: Lasst die Assistentin aufsteigen! Die Deutschen stehen auf Moderatoren mit Akzent, wie die Erfolge von Vico Torriani, Rudi Carrell, Mareike Amado, Linda de Mol oder Harry Wijnvoord zeigen. Bei ARD und ZDF setzt man doch gern auf alte Konzepte, wie die Retro-Version von „Dalli, Dalli“ beim NDR zeigt. Und das hat doch auch geklappt – der Kai springt sogar wie weiland Rosenthal und mit ihm die Quote.

Und die ARD sollte schlicht die Nerven behalten. Die Quote im Vorabend war vor Gottschalk auch schon mies, also ist es zumindest keine Verschlechterung. Falls man sich darauf besinnt, dass „sich entwickeln lassen“ ebenfalls eine frühere Tugend war – beim heutigem Gebaren wäre insbesondere „Wetten, dass...“ nach spätestens der zweiten Sendung in die Tonne gegangen – ist Gottschalk eventuell mittelfristig doch noch eine erfrischende Alternative zum Schmonsenz der Privaten und des ZDF. Auf jeden Fall ist er „anders“, was die wesentliche Qualität bei seinen ZDF-Auftritten war. Und was war das ein Geheul, als er am Samstag Abend antrat – das hat doch ebenfalls gedauert, bis er der Moderatoren-König wurde.

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