Bearbeitete Wahrheit

21.10.2012

Wenn im Fußball von der UEFA die Fernsehbilder „aufgehübscht“ werden, geht für ARD und ZDF das Abendland vor die Hunde, ohne dass es das Handeln ändert. Werden eigene Bilder gepimpt, ist das ein „Versehen“.

Wie der Focus meldet, wurde im heute journal Jürgen Trittin gezeigt, wie er sein Hemd aufknöpft. Falls da jetzt komische Bilder im Kopf entstehen: Das war im Kontext zu einer Rede von Peer Steinbrück. Zumindest wollte das ZDF Nachrichten Flaggschiff uns das glauben machen. War aber gelogen, denn die Reaktion hatte schlicht gar nichts mit Steinbrück zu tun. Die eigentliche, mittlerweile von der Nachrichten-Redaktion Eingeräume, war Begeisterung. Wie die sich ausdrückte, bleibt ungeklärt, jedoch war sie wohl nicht cool genug für die gewünschte Bildsprache.

Bei einem Spielfilm ist das geschickte Schneiden von Sequenzen maßgeblich entscheidend darüber, ob es spannend bleibt oder gezappt wird. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass bei den Langweilern im Deutschen Bundestag das Verlangen nach „Action“ besteht. Denn langweilige Protagonisten drücken auf die Quote. Bei der „heute-show“ des ZDF funktioniert das mit dem Bilder-Befummeln ausgezeichnet. Allerdings ist es da – wie der Name schon sagt – eine Show. Und die Montagen sind (mutmaßlich bewusst) so schlecht gemacht, dass sie sofort als solches erkennbar sind, also Karikaturen und kein Versuch von Geschichts-, Ablauf-, oder Ereignisfälschung.

Wenn im Fußballspiel ein Trainer dazwischen geschnitten wird, wofür die Bilder vor dem Spiel entstanden sind, hat das keinen Einfluss auf den Verlauf des Spiels, es wird allerdings eine Aussage geformt, die das Bild eines Menschen oder die Reaktion von Menschen auf andere beeinflusst.

Werden Aufnahmen von Herrn Trittin aus einer Rede von Herrn Brüderle in eine Rede von Herrn Steinbrück geschnitten, dann ist das eine Bildfälschung von weitergehendem Ausmaß. Denn es handelt sich um „Nachrichten“, die den Anspruch von Seriosität und Objektivität für sich beanspruchen. Bei derartiger Komposition von Bildern muss stark bezweifelt werden, ob das wirklich die Tugenden der ZDF-Redaktion sind. Zusammen mit der Betitelung „Attacke“ und dem Schwingen der Faust von Herr Trittin wird unterschwellig eine Botschaft erzeugt, die weder von Herrn Steinbrück, noch von Herrn Trittin beabsichtigt war. Vielmehr von der Nachrichten-Redaktion. Objektivität und Seriosität sehen anders aus.

Die Entschuldigung „ungenauer und fehlerhafter Bildauswahl“ ist eine Frechheit: Jeder Hobby-Filmer weiß, dass Filme einen Zeitstempel haben, der in entsprechender Software problemlos jederzeit sichtbar ist und von der Software verschiedene Kamera-Sequenzen automatisch via Timecode korrekt untereinander positioniert werden, damit Synchronität erzeugt werden kann. Das ZDF hat Technik, die weit über 100 EUR Software von Privat-Filmern hinaus geht. Das was das ZDF als „Ungenauigkeit“ bezeichnet, könnte unter diesem Blickwinkel vielmehr als Mutwilligkeit angesehen werden.

Wie der Umgang mit dem Ereignis bei der EM zeigt, ist man diesbezüglich beim ZDF aber offenbar entspannt. Da hat man sich noch die Mühe gemacht, jemand anderem die Schuld zu geben. Von einem Protest oder einer Beschwerde diesbezüglich ist nichts bekannt. Vielmehr werden weiter Bilder der Uefa für viel GEZ-Gebühren-Geld angekauft, obwohl die öffentlich-rechtlichen Anstalten keine Konsequenzen aus diesem und weiteren Vorfällen ziehen wollen. Ein guter Journalist wechselt die Quelle, wenn sie sich als unzuverlässig herausstellt. Und wenn die Anstalten keine Übertragungsrechte kaufen, tut der Uefa das weh. Stattdessen macht man sich deren Mentalität zu eigen und verdreht die Wirklichkeit in der Politik. Was uns mehr aufregen sollte, als verspielte Bilder von Jogi Löw bei einem FußballSPIEL. Denn Politik ist das, was unsere Lebenszukunft beeinflusst, weit über die Stammtische hinaus.

Wir können uns als Zuschauer demnach zukünftig weder bei Live-Aufnahmen darauf verlassen, dass sie live sind. Wobei uns das von ARD und ZDF bei Übertragungen von Wintersport- und Olympia-Ereignissen immer suggeriert wurde, allerdings häufig Bilder von der Sportredaktion eingespielt wurden, die bereits deutlich älter waren. Zumindest konnte man sie häufig schon bis zu eine Stunde früher auf anderen Sendern sehen. Darüber hinaus müssen wir jetzt grundsätzlich davon ausgehen, dass Nachrichten der öffentlich-rechtlichen nicht nur bei Einspielern zu GEZ-Themen tendenziös und „richtungsgebend“ bearbeitet sind. Das stellt den Informationsauftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten grundsätzlich in Frage. Und die Rundfunkgebühren damit ebenfalls.

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