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Rundfunkprogramme, die über das Internet angeboten werden, stehen in Konkurrenz zu einem weltweiten, in seiner Themen- und Meinungsvielfalt unübertroffenen Angebot an Text-, Ton- und Bildinformationen. Neben den bekannten Printmedien gibt es im Internet journalistische Angebote, die ausschließlich dort verbreitet werden. Dazu kommen Angebote von Privatpersonen, die sich aus Interesse oder beruflich bedingt auf Themen spezialisiert haben, sowie Informationsangebote von Parteien, Verbänden, Vereinen, Universitäten, Bund, Länder und Kommunen, u.v.a.m. .

Dem Medium Internet fehlen demnach Kennzeichen eines dualen Systems, für das die Rundfunkgebühr vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß bezeichnet wird (BVerfGE 90, 60 - 89). Die Rundfunkanstalten drängen unter Zuhilfenahme von Gebühren in ein Medium ein, das einem Printmedien erheblich näher steht als dem Rundfunk. Das räumen sie in der ARD/ZDF-Onlinestudie selbst ein: «...das Internet ist mit seiner individualisierten Möglichkeit, beliebige Informationen abzurufen, der Funktion der tagesaktuellen Printmedien sehr ähnlich.» (ARD/ZDF-Onlinestudie 2004, in media perspektiven 8/2004, S. 363)

In einem Interview benannte ZDF-Chefredakteur Brender als größten Konkurrenten im Netz nicht die Privatsender, sondern Spiegel Online. Demnach wird die Konkurrenz zu den Online-Angeboten von Verlagen bewusst gesucht.

Allerdings ist es nicht Aufgabe der Anstalten, einen Verdrängungswettbewerb mit den Printmedien aufzunehmen. Die Printmedien sind bereits ohne diese Wettbewerbsverschärfung durch das Internet konkret gefährdet. Dies geht aus den Auflage-Statistiken des IVW hervor. Auf der anderen Seite steigen die Nutzungszeiten für Radio und Fernsehen (Massenkommunikation 2005, in: Media Perspektiven 4/06 S. 222ff). Zwischen Rundfunk und Internet besteht also eine komplementäre Beziehung, während das Internet mit der klassischen Presse in einem Verdrängungswettbewerb steht.

Mit der Rundfunkgebühr für die Empfangsmöglichkeit via Internet wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk höher als die freie Presse bewertet, obwohl beide den gleichen Schutz des Grundgesetzes genießen. Die mit Gebühren finanzierte, angestrebte Konkurrenz zu den Printmedien, verschärft die bedrohliche Situation der Presse durch das Internet und stellt eine Gefährdung der Meinungsvielfalt dar. Dies schädigt die Meinungsfreiheit in Deutschland. Auftrag der Sender und Grundlage für die Rundfunkgebühr ist es aber, der Meinungsfreiheit zu dienen.

Art der Kommunikation

Das Internet ist ein „Abhol“-Medium, der Nutzer sucht gezielt Informationen und ruft sie aktiv auf.

Der Rundfunk ist ein „Liefer“-Medium. Dem Konsumenten werden Inhalte angeboten, über deren Nutzung die Fernbedienung entscheidet.

Das Internet dient der direkten Kommunikation von Nutzern und Anbietern, per E-Mail, Foren, Web-Seiten. Die Hürden für eine Publikation sind so gering, dass praktisch jeder zum Anbieter von Informationen werden kann. Die Einseitigkeit der Kommunikationsrichtung vom Sender zum Empfänger, das vorselektierte Angebot und die hohen Markteintrittschranken (begrenzte Zahl an Sendefrequenzen, immense Investitionskosten für Technik und Betrieb), wesentliche Merkmale für den Rundfunk, fehlen im Internet.

Dies hat für die Meinungsfreiheit eine befreiende Wirkung: Der Nutzer ist nicht mehr auf die wohlmeinende Vermittlung von Inhalten angewiesen. Er kann sich direkt, unabhängig von Zeit und Ort, an die Informationsquellen und Meinungsträger selbst wenden. Er kann mittels Suchmaschinen schnell Vergleiche der Informationsqualität anstellen, alternative Meinungen zu einem Thema einholen. Gegenüber den selektiven Angeboten und Themen im Rundfunk mag das unbequemer und aufwändiger sein. Aber: Bequemlichkeit ist kein Maßstab für Freiheit.

Diese „Unbequemlichkeit“ wird für den mündigen Bürger durch eine Vielfalt an eigenständigen Meinungen mehr als aufgewogen. Diese stehen z.T. in extremem Widerspruch zur paritätischen „Wahrheit“ der öffentlich-rechtlichen. Das ist gut so, denn auch dort gibt es keine Objektivität. „Meinung“ kann nur subjektiv sein. Bereits die Wahl oder der Ausschluss von Themen, oder allein die Reihenfolge der Meldungen in den Nachrichten-Sendungen stellen eine Wertung, ergo eine subjektive Meinung der jeweiligen Redaktion dar.

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten können wie alle anderen im Internet ihre Informationen lediglich anbieten. „Nichtseher/innen“ bzw. „Nichthörer/innen“ der klassischen Wege müssen aktiv die Webseiten suchen, finden, hingehen und die eventuell vorhandenen Zugangsbehinderungen (Bandbreite, erforderliche Ausstattung an Hard- und Software, etc.) aktiv überwinden. Warum sollten sie das regelmäßig tun, wenn es doch viel bequemer, hochwertiger und preiswerter mit den statistisch vorhandenen, „klassischen“ Rundfunkgeräten geht (s.Verbrauchsstichprobe im Jahr 2003, Seite 2, Anmeldestatistiken der GEZ, Seite 4 und Massenkommunikationsstudie 2005, Seite 6)?

Rundfunksendungen im Internet werden dem Medium nicht gerecht, da sie weder mit Suchmaschinen durchsuchbar noch unabhängig von Zeit und Ort verfügbar sind. „Livestream“ impliziert in mehrfacher Hinsicht eine begrenzte Verfügbarkeit. Das Internet ist in erster Linie Textmedium, was die ARD/ZDF-Onlinestudie 2006 (Media Perspektiven 8/06 S. 406) belegt: Acht von zehn der meist genutzen Anwendungsmöglichkeiten im Netz sind textbasiert, im Sinne von „aktiv lesen müssen“. Demnach ist das Potential als Transportmedium trotz mehr als 10 Jahren Rundfunk im Internet sehr begrenzt – aktuell hören 11% der Online-Nutzer zumindest einmal wöchentlich Livestreams über das Internet, 2% sind es bei TV-Livestreams (ARD/ZDF-Onlinestudie 2007). Diese Zahlen beziehen sich aber auf die Gesamtheit aller Nutzer, nicht ausschließlich auf die gewerblichen.